Ehe ich mit meinen persönlichen Kindheitserinnerungen beginne, werde ich Land und Leute meines Heimatdorfes beschreiben. Ich habe versucht, die eigenen Erlebnisse mit Geschehnissen zu ergänzen und zu bereichern, die in einem Buch mit dem Titel „WIE´S DERHEEME WOR. LEBEN UND BRAUCHTUM IN ALTEWALDE" von jungen Autoren beschrieben wurde, die auch aus Altewalde stammen.
Zu Beginn meiner Lebensgeschichte flechte ich ein paar Erläuterungen ein, die zum besseren Verständnis meiner Memoiren dienen sollen.
Altewalde
bewohnten vor dem zweiten Weltkrieg etwa Tausend Einwohner, die
überwiegend von der landwirtschaftlichen Nutzung ihrer Felder
lebten. Als Bauerngutsbesitzer zählte mein Vater zu
den besser gestellten Bauern, die im dörflichen
Gemeinschaftsleben wichtige Ämter ausübten wie z.B.
das Bürgermeisteramt, Amt des Standesbeamten oder des
Schiedsmannes.
Die meist stattlichen und stolzen Bauern
beteiligten sich als Mitglieder in der freiwilligen Feuerwehr, im
Kriegerverein, in der Ortsbauernschaft, oder engagierten sich in
sozialen Bereichen wie Rote-Kreuz-Helfer, im Gemeinde-Fuhrwerkdienst
oder ähnlichem.
Das auf
leichten Hügeln gelegene Dorf zog sich an einem flachen Bach,
dem „Mangerwasser“ entlang, zwölf
Kilometer von der Kreisstadt Neisse entfernt.
Ohne
eine Bebauungslücke schlossen sich am Ende des Oberdorfes die
Nachbargemeinden Neuwalde und Ludwigsdorf an, so dass diese drei
Dörfer, mit einer Länge von 6 Kilometern, im ganzen
Kreis Neisse bekannt waren.
Zur nächsten Bahnstation musste man nach Deutsch-Wette fahren, oder auch nach Neuwalde, um dort den Zug zu besteigen, wenn man ins oberschlesische Industriegebiet gelangen wollte.
Die etwa siebzig selbständigen Bauerngutshöfe, die auch als Erbhöfe bezeichnet wurden, befanden sich alle in einem guten baulichen Zustand.
Die St. Martin
Dorfkirche von Altewalde mit dem hohen unverkennbarem Glockenturm und
dem weithin sichtbarem Uhrwerk, überragte alle anderen
Gebäude. Die stattliche Kirche mit der wunderschönen
Innenausstattung, stand inmitten eines groß angelegten
Friedhofs. Die Gräber, die um das Gotteshaus reihenweise
geordnet, an die Toten der Heimatgemeinde erinnerten, wurden stets
ordentlich gepflegt.
Im Pfarrgutshof, zu dem
über 300 Morgen Ackerland und Wiesen gehörten, wohnte
der Dorfpfarrer mit seiner Köchin, mit einem
Pfarrgutsverwalter und mehreren Hilfskräften.
Eine
massiv gebaute Dorfschule stand in der Nähe der
Kirche.
Sie
wurde als Mittelpunkt des Dorfes angesehen.
Nicht weit davon entfernt befanden sich zwei Gastwirtschaften mit großen Versammlungs- und Tanzsälen, sowie Schankstuben im Erdgeschoss. Die Gastwirte konnten vom Alkohol- und Getränkeverkauf allein nicht existieren, dafür waren die schlesischen Bauern zu sparsam. Die Wirte besaßen deshalb noch einige Morgen Ackerland mit dem dazugehörigen landwirtschaftlichen Inventar.
Die Bäckerei mit Kolonialwarengeschäft der Familie Müssig, stand zwischen Kirche und Schule und erfreute sich allgemeiner Beliebtheit.
Im Niederdorf befand sich ein zweiter Backbetrieb, der Familie Lassmann gehörend, die gleichzeitig eine kleine Poststelle mit Briefmarkenverkauf unterhielt. Der Bäcker erledigte während seiner Verkaufsstunden auch alle postalischen Obliegenheiten und verteilte nebenbei alle Postsendungen, die ein Postauto aus Neisse brachte. Gegenüber dem Briefkasten im Niederdorf befand sich das Geschäft des Fleischermeisters Leguttke.
Andere handwerkliche Betriebe, wie z.B. die Schmiede, die Schneiderei, der Stellmacher, die Tischler, die Frisöre, die Sattlerei, der Viehhändler, die Kaufleute und Müller, erbrachten eine ausreichende Versorgung der Dorfgemeinschaft mit allen handwerklichen Erzeugnissen und Dienstleistungen, die von einer bäuerlichen Landbevölkerung erwartet wurde.
Urkundlich wurde Altewalde schon im Jahre 1249 erwähnt. Der Ort hatte im Verlauf der Jahrhunderte eine sehr wechselhafte Entwicklung durchgemacht und wurde von mehreren Herrschaftssystemen verwaltet.
Nach dem Kriegsende im Jahre 1945 kam für den Ort die große schicksalhafte Wende. Heute liegt Altewalde, sowie ein großer Teil der deutschen Ostgebiete auf polnischem Staatsgebiet.
Ich versuche meine Erinnerungen möglichst ausführlich niederzuschreiben, damit meine Kinder und auch geschichtlich interessierte Erwachsene nachlesen können, wo ich und auch viele meiner Landsleute geboren wurden, woher ich kam und in welcher Umgebung ich meine frühen Jugendjahre verlebt habe. Ich möchte eingangs erwähnen, dass ich in einer kinderreichen Familie aufwuchs.
Meine Eltern versuchten, mich zu einem ordentlichen Menschen zu erziehen, das nicht immer leicht war. Vermutlich bemühten sich auch mein älterer Bruder Walter und meine Schwester Margot, sich an meiner Erziehung zu beteiligen, was man auch als Hegen und Pflegen bezeichnen könnte. An meine beiden jüngeren Geschwister kann ich mich gut erinnern. Aber davon später.
Ich wohnte noch bis 1964 in Neisse und habe vieles erlebt.
Seit 1965 wohne ich in Düsseldorf, ich habe 5 Kinder und lebe mit meiner zweiten Ehefrau in einer Mietswohnung unweit von der Königsallee.
Die Fortsetzung
der Memoiren kann man hier herunterladen (PDF-Dokument, 385 KiB)*.
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Und nun wünsche ich noch
angenehme Lesestunden.
Düsseldorf
2. April 2005